SPD: Vor allem keine vaterlandslosen Gesellen

Veröffentlicht am 25.10.2018 in Allgemein

Am 9. November 1918 wurde die Republik in Deutschland gleich zweimal ausgerufen. Der SPD-Politiker und Vize-Vorsitzende Philipp Scheidemann unter bürgerlich-demokratischen Vorzeichen auf dem Westbalkon (zweites Fenster nördlich des Portikus) am Reichstag. Der Führer des Spartakusbundes Karl Liebknecht unter sozialistischen Vorzeichen vom Balkon des Stadtschlosses. Eine stark komprimierte Schilderung der letzten 100 Jahre.  Von Hajo Guhl

Der Krieg der europäischen Monarchen um die Vorherrschaft auf dem Alten Kontinent war entschieden, die Kaiserreiche Österreich-Ungarn und Deutschland waren Geschichte, ebenso das Osmanische Reich. Die Zarenfamilie war tot, Russland war auf dem Weg zum ersten sozialistischen Staat, obwohl nach der marxistischen Doktrin überhaupt nicht vorgesehen. Der Übergang zum Sozialismus war anders geplant!

Die Zeit der europäischen Großmächte waren vorbei, sie sollten in den nächsten 50 Jahren ihre Kolonien verlieren. Nummer eins waren jetzt die Vereinigten Staaten von Amerika. Scheinbar nicht korrumpiert wie die Alten Monarchien, jung und Beispiel einer lebendigen Demokratie. Vom Tellerwäscher zum Millionär. Amerika, Du hast es besser, glaubten viele...

Legenden stricken die anderen!

Wir als Sozialdemokraten haben wir unsere Rolle in diesen dramatischen Zeiten vergessen? Müssen uns in der Betrachtung der Geschichte wegducken? Wir sollten die Ereignisse des Jahres 1918 nicht verdrängen. Unsere Urgroßväter haben die Kastanien aus dem Feuer geholt. Der Reihe nach:

Im Jahre 1914 waren die Sozis für Kaiser Wilhelm plötzlich keine „Vaterlandsverräter“ mehr sondern „Deutsche“. Die SPD im Reichstag (Wahl 1912, 110 von 397 Sitzen) hatte bis auf wenige Ausnahme für die Kriegskredite gestimmt. Mann sei Weihnachten ohnehin wieder zuhause, hieß es. Ganz Europa befand sich im sommerlichen August in einem Taumel der Kriegsbegeisterung. Jeder wollte es dem anderen zeigen. Die imperialen Staaten kämpften um die Vormacht, nach dem sie in den Jahrzehnten zuvor Afrika und Asien unter sich aufgeteilt hatten.

Das große Schlachten begann. Im Stellungskrieg mit den Schützengräben vorne und den mörderischen Kanonen wenige Kilometer dahinter starben Kompanien, Bataillone, Regimenter und Divisionen binnen weniger Minuten durch Granaten und MG-Salven. Für Helden war wenig Platz, auch wenn das industrialisierte Morden später zum Stahlgewitter hochstilisiert wurde.

Die große Ausrede

Vier Jahre später im Jahr 1918 gab die Oberste Heeresleitung (OHL) unter den Generälen Hindenburg und Ludendorff den Krieg verloren. Das Volk war nach dem Steckrübenwinter kriegsmüde und das Material für die endlosen Schlachten verbraucht. An der Westfront durchbrachen Engländer und frisch eingetroffene Amerikaner in Belgien die Front. Die Bilanz: 9,7 Millionen Tote unter den Soldaten und rund 10 Millionen Zivilisten.

An Einsicht ins eigene Versagen mangelte es allerdings den Verantwortlichen Konservativen und Nationalen. Die stilisierten die revolutionären Ereignisse als Verrat an Wehr und Volk. Die Dolchstoßlegende war geboren: Der Verrat der Sozialdemokraten am tapferen Heer.

Die Wähler vertrauten Ebert

Hinzu kam der Verrat an der Revolution und den Räten, so die Lesart der Spartakisten, USPD und schließlich KPD. Die ersten Wahlen in der jungen Weimarer Republik im Jahre 1919 sprechen allerdings eine andere Sprache: Für die SPD stimmten 37,9 Prozent der Wahlberechtigten, für das katholische Zentrum 19,7 Prozent und für die USPD 7,6 Prozent.

Die Wahl erfolgte nach dem neuen Recht, das zum ersten Mal in Deutschland alle Erwachsenen gleichberechtigt zur Stimmabgabe berechtigte. Am 12. November 1918 verkündete der Rat der Volksbeauftragten:

"Alle Wahlen zu öffentlichen Körperschaften sind fortan nach dem gleichen, geheimen, direkten, allgemeinen Wahlrecht auf Grund des proportionalen Wahlsystems für alle mindestens 20 Jahre alten männlichen und weiblichen Personen zu vollziehen". Wie in vielen anderen europäischen Staaten auch, galt jetzt auch das Wahlrecht für Frauen. Darüber hinaus: Im Staate Preußen wurde das Dreiklassenwahlrecht von 1849 ersatzlos gestrichen.

Das Scheitern einer jungen Demokratie

Wir wissen heute, dass die Weimarer Republik an den Reparationsschulden, der Inflation, die weite Teile des Bürgertums in die Armut stürzte, der Wirtschaftskrise mit dem Schwarzen Freitag im Jahre 1929 und schließlich der Arbeitslosigkeit in die Arme der Braunen Heilsbringer trieb.

Das deutsche Volk brauche eine starke Hand und sei für die Demokratie ungeeignet, hieß es immer wieder. Ab 1933 hieß es dann auch: „Führer befiehl“. Zwölf Jahre später lag das tausendjährige Dritte Deutsche Reich in Schutt und Asche (weltweit bis zu 80 Millionen Tote). Der bittere Spott: „Führer befiel, wir tragen die Folgen!“ Ekelhaft, wer jetzt noch völkisch argumentiert.

Wir leben mit der Geschichte

Sozis sollten stolz sein auf ihren Beitrag zur deutschen Geschichte! Wieso? Nun haben wir eine Verfassung – wir nennen sie heute Grundgesetz -, die auf das Revolutionsjahr 1848 zurückgeht. Diese floss im Jahre 1918 auf Initiative der SPD unter einen Friedrich Ebert (1. Reichspräsident der Weimarer Republik) in die Verfassung der ersten deutschen Republik ein. Diese wiederum war Grundlage des Grundgesetzes der jungen Bundesrepublik im Jahre 1949, aber auch der Verfassung der DDR.

Es war ein Sozialdemokrat namens Willy Brandt, der in den Sechziger Jahren mit einem Egon Bahr mitten im Kalten Krieg im Westen Berlins überlegte, das Leben für die Bürger der Stadt auf beiden Seite der Mauer erträglicher zu machen. Die Folge eines mörderischen Jahrhunderts in Europa. Sie erreichten, was sie wollten: „Wandel durch Annäherung!

Sozis können stolz sein

Der „Verräter“ und der Sozialdemokrat Herbert Ernst Karl Frahm fand den Schlüssel zur Überwindung der Teilung in Europa. Am 9. November 1989 – 71 Jahre nach Gründung der Weimarer Republik fiel schließlich die Mauer in Berlin. Vielleicht endete an diesem Tag erst der Große Europäische Krieg, der dann mit Unterbrechungen von 1914 bis 1989 dauerte?

Was bleibt für Deutschland und vor allem die SPD? Wir sollten uns einfach nicht scheuen, unsere (demokratischen) Wurzeln zu erkennen und auch zu würdigen. Das gilt vor allem für uns Sozis! Auch wenn der 9. November wahrlich kein leichter Tag für die Deutschen* ist!

* Die Nazis haben offensichtlich voller Absicht und Freude, ihre widerlichen Taten mehrmals auf einen 9. November gelegt. Spuren ihres 1000-jährigen Reiches. Der Vogelschiss in der Geschichte Deutschlands. Mein Gott, Gauland!

 
 

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