Milchpreise im Keller: Sparen, sparen nur nicht dicht machen!

Veröffentlicht am 04.04.2016 in Landwirtschaft

Den Autofahrer freut es zur Zeit: Die niedrigen Preise für Rohöl auf dem Weltmarkt ließen den Benzinpreis im letzten Jahr in den Keller purzeln. Den deutschen Landwirt freut die Entwicklung auf den Märkten dieser Erde überhaupt nicht. Milch wird Anfang April auf dem Spotmarkt an manchen Tagen für weniger als 20 Euro-Cent gehandelt. Das ist weit unter den Produktionskosten. Brandenburger Landtagsabgeordnete und Vertreter des Kreistages haben deshalb zwei typischen Höfe der Region besucht und sich die Sorgen der Bauern angehört.

 

Versteckt liegt die Milchviehanlage der Mangelsdorf/ Perlitz Gbr in Rietz-Neuendorf. Nur ein kleines braunes Schild am Straßenrand deutet auf das hin, was sich nach einem schier endlos langen Feldweg, gepflastert mit Betonplatten, verbergen könnte. Weit ab vom Schlag, draußen auf dem Feld liegt sie zwischen kleinen Waldstücken und Feldern tief verborgen, die Milchviehanlage.  Arbeitsstätte von über 10 Mitarbeitern und das irgendwo im Nichts!? Auf den ersten Blick wirken die Gebäude nicht bewohnt. Jedoch dringt immer wieder ein monotones Geräusch aus den Ställen und Gehöften der Anlage. Muh!

 „Wie wird das Wetter in den kommenden Monaten?“ Diese Aussichten beschäftigen Jochen Mangelsdorf und seine Kollegen in diesen Tage ganz besonders. Er stellte diese alles entscheidende Frage an Dr. Franz Berger, Meteorologe bei der Wetterwarte Lindenberg und Kreistagsvorsitzender im Gremium vom Landkreis Oder-Spree. Er muss passen: „Ich bin kein Prophet, ich beschäftige mich mit der Wissenschaft vom Wetter!“

Jochen Mangelsdorf wollte auch keine Antwort und schilderte die wirtschaftliche Situation seines Hofes. „Wir hatten drei Superjahre! Das möchte ich nicht verschweigen“, so Mangelsdorf. „Aber die Erlöse rutschen in diesem Jahr rund 20 Prozent unter denen des Vorjahres.“ Die Milchviehanlage der Mangelsdorf/Perlitz GbR gehört zu den großen der Branche: Gut Birkhof, Gemeinde Rietz-Neuendorf, 3000 ha Fläche, 1800 Rinder, davon 725 Milchkühe, jede davon gibt durchschnittlich 30 Liter Milch pro Tag. Die Rinder laufen in ihren Bereichen frei herum. Der Städter im Reporter will es nicht glauben. Die Milchkühe laufen tatsächlich freiwillig zum melken!

Die ehemaligen Großställe aus LPG-Zeiten sind auf den neuesten Stand gebracht. Ein Generator erzeugt Strom aus Biogas. In einem großen Tank wandeln Bakterien eine Mischung Dung, Stroh und Pflanzen in Methan um. Der Rest ist Kohlendioxid und Dünger.

An der Milchkrise, das weiß auch Mangelsdorf, ist nichts zu ändern. Der Handel mit Russland ist durch gegenseitige Ex- und Importverbote blockiert. Der Handel von Milchpulver und frischen Molkerei-Produkten zusammengebrochen. In den letzten 15 Jahren konnte Mangelsdorf rund 30 Euro-Cent pro Kilogramm Milch erlösen, Anfang April waren es 23 Cent. Zu wenig für die deutschen Bauern, um wirtschaftlich zu arbeiten. Mangelsdorf: „Wir Landwirte wollen einfach nur faire Bedingungen!“

„Über 39.000 Menschen arbeiten gegenwärtig in Brandenburg in der Landwirtschaft. Das ist ein Plus von acht Prozent in den letzten fünf Jahren“, ergänzt Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger. Das wollten die Sozialdemokraten zumindest halten. Von Überproduktion an Lebensmitteln in Brandenburg will der Minister nichts wissen. „Berlin und Brandenburg importieren Agrarprodukte. Die Region ist kein Selbstversorger, ganz im Gegenteil. Hier ist noch Luft drin!“

Elisabeth Alter, Abgeordnete im Brandenburger Landtag will den Verbraucher stärker auf heimische Produkte hinweisen und dafür werben: „Wir müssen mit dem Verbraucher ins Gespräch kommen!“ Alter stellt sich Aktionen vor den Einkaufszentren vor.

Einen ganz anderen Weg geht Matthias Schulze ebenfalls aus Rietz-Neuendorf, Ortsteil Görzig. Mit seiner Familie und vier festangestellten Mitarbeitern führt er einen für Brandenburg eher typischen Hof: 350 Hektar, davon 50 Hektar Grünland, auf acht bis zehn Hektar Kartoffeln, dann Raps, Roggen. 150 Kühe. Hier sieht es eher aus wie auf einem klassischen Bauernhof. Junge Rinder auf dem Stroh dahinter ein Trecker.

Seine Kartoffeln werden beim Raiffeisenmarkt direkt verkauft. Stolz ist er auf seine Milchtankstelle: Ein großer Tank, unten ein kleiner Hahn. Der Kunde kann den Hahn selbst aufdrehen und die Milch in seine selbst mitgebrachte Flasche fließen lassen. Kostet 55 Cent pro Liter. Mit Bedienung 60 Cent. Frisch! Unbehandelt. Daheim soll deshalb abgekocht werden. Näher an die Quelle geht es kaum.

Die Familie Schulze führt einen Hof zum Anfassen. Die Kinder aus der nahen Schule kommen vorbei. Die Feriengäste des Nachbarn, der seinen Hof aufgegeben hat und auf Tourismus setzt.

„Wenn die Preise so weit unten bleiben, dann müssen wir sparen. Zuerst bei den Investitionen, dann geht es an die Substanz“, sagt Matthias Schulze.

Am 19. April ist im Landtag Brandenburg die Anhörung zum Thema Tierwohl. „Der Einsatz von Antibiotika ist längst heruntergefahren. Sie kommen nur noch einzeln im Falle einer Erkrankung zum Einsatz. Wir führen genau Buch.“ Jochen Mangelsdorf sieht die meisten Forderungen der Initiatoren zum Volksentscheid längst erfüllt. Das angestrebte Verbandsklagerecht sieht er jedoch als generelles Investitionshemmnis für die Landwirtschaft. „Die Anträge für einen neuen Stall dauern für einen Wirtschaftsbetrieb sehr lange. Ein weiteres Einspruchsrecht durch Tierschutzverbände führt nur zu weiteren Verzögerungen“ fürchtet Mangelsdorf.

 

Bericht und Foto: Hajo Guhl

 
 

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