Zu Verfassungsbeschwerden gegen die so genannten Kontenabrufverfahren erklaert der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poss:
Das Bundesverfassungsgericht urteilt in staendiger Rechtsprechung, dass solche Steuergesetze verfassungswidrig sind, die nicht konsequent vollzogen werden koennen, weil der Finanzverwaltung die Mittel dazu fehlen. Zuletzt hat es diese Rechtsprechung im so genannten Tipke-Urteil zu Spekulationsgewinnen bei Wertpapieren bestaetigt.
Die Versuche der Koalition mittels Kontrollmitteilungen bei der Besteuerung von Kapitalertraegen eine Verifikation der Angaben der Steuerpflichtigen zu ermoeglichen, ist im Rahmen des Steuerverguenstigungsabbaugesetzes von CDU/CSU im Bundesrat verhindert worden.
Die Ende des letzten Jahres im Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat gefundene Loesung, die bereits zur Bekaempfung der Geldwaesche installierte so genannte Kontenevidenzzentrale auch fuer steuerliche Zwecke einzusetzen, ist ebenfalls ein Mittel, die Angaben der Steuerpflichtigen ueber ihre Kapitalertraege auf Richtigkeit und Vollstaendigkeit zu ueberpruefen. Auf diese Moeglichkeit hatte der damalige Datenschutzbeauftragte Jakob als Alternative zu umfassenden Kontrollmitteilungen der Banken auch hingewiesen.
Wenn jetzt mit Vokabeln wie Schnueffelstaat oder dem als Totschlagargument herangezogenen Zitat des Bundesverfassungsgericht zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung versucht wird, diese Regelung infrage zu stellen, dann hat das nur einen Zweck: Steuerhinterzieher sollen weiter gedeckt werden.
Es kann aber nicht sein, dass dem Staat die Haende gebunden sein sollen, wenn es um die korrekte Besteuerung von Einkuenften seiner Buerger geht. Auch dies ist ein Verfassungsgebot des Gleichheitssatzes des Grundgesetzes. Es ist auch nicht zu erkennen, aus welchem Grund das Interesse eines Bankkunden, der Staat moege von seinen Konten nichts erfahren, hoeher zu bewerten ist. Man muss die Kirche im Dorf lassen und es mit dem Datenschutz nicht uebertreiben. Steuerhinterzieher verdienen keinen Schutz, die anderen haben keinen Nachteil.